Die Bedeutung der Sprache von Randkulturen
Gespräche mit Stadtstreichern und die Tradition der Gaunersprache
In meinem Buch “Eigenwillige Karrieren” (Wien, Böhlau 2011) bringe ich Lebensgeschichten von allen möglichen Leuten wie von einem Wildschütz, einem bekannten Bergsteiger, dem Chef des “Schweizerhauses” im Wiener Prater, einem Totengräber, über Ederl, dem früheren Zuhälter und Rotlichtkönig, und Markus Habsburg-Lothringen, dem Chef der Kaiservilla in Bad Ischl und Urenkel von Kaiser Franz Joseph. Über Ederl, den ich nach einem Motorrollerunfall im Krankenhaus kennen gelernt habe, lernte ich Zuhälter und Dirnen kennen, die mir bei meiner Studie über den “Strich” halfen. Markus Habsburg lernte ich vor Jahren in einem Gasthaus in Bad Ischl kennen. Er lud mich ein, in der Kaiservilla zu übernachten, da es in ganz Bad Ischl kein freies Zimmer gab. Dafür bin ich ihm und seiner lieben Frau Hilde dankbar. Ich fand in ihm einen lieben Freund. Bei meinen Gesprächen für dieses Buch brachte ich diese beiden Herren, die aus vollkommen verschiedenen sozialen Bereichen stammen, in einem Kaffeehaus in Linz zusammen. Zu dem Kapitel über Markus Habsburg in meinem Buch “Eigenwillige Karrieren” schrieb übrigens der bekannte Journalist und Autor Mag. Martin Haidinger, auch er ist mein Freund, ein nettes Vorwort, in dem er Markus und mich in liebenswürdiger Weise karikierte.
Nun folgt der Ausschnitt aus den “eigenwilligen Karrieren”, der sich auf das Treffen der beiden interessanten Herren bezieht:
Bevor ich auf das Thema Ehre eingehe,möchte ich auf die Religiosität von Ganoven, Dirnen und Leuten der Halbwelt verweisen, denn auch diese rufen Gott und die Heiligen um Beistand an, um Erfolg bei ihren Aktionen zu haben. Besonders beliebt ist bei Ganoven und Dirnen in Mexiko eine Volksheilige, über die dieser Artikel aus der seriösen Zürcher Zeitung handelt:
Nun füge ich noch einen Aufsatz von mir an, den ich für angesehene deutsche Kultursoziologen verfasst habe, die ein Buch über “Ehre” herausgegeben haben (erschienen bei suhrkamp). In meinen Ausführungen möchte ich zeigen, dass es Ehre auch jenseits der “guten Gesellschaft” in Randkulturen gibt. Allgemein können Menschen sehr “böse” werden, wenn sie erniedrigt und gedemütigt werden, sie wollen jenen “Weihrauch”, den sie angeblich verdienen. Das ist vor allem in der “Unterwelt” so, und zwar in sehr unterschiedlicher Weise. Gerade in der Gaunersprache gibt es eine Vielzahl von Wörtern, die sich auf diese Thematik beziehen. So zum Beispiel heißt ein ehrenhafter Ganove oder Zuhälter: leiwander Hawara. Ein unehrenhafter übler Zuhälter, der Frauen schlecht behandelt, wird als Burenhäutlstrizzi bezeichnet (siehe dazu mein Rotwelsch-Buch). Hier geht es um Ehre. Darüber wird im Folgenden zu berichten sein.