Zu der Zeit, als der im vorigen Kapitel erwähnte Artikel in der jüdischen Zeitschrift David und gleichzeitig in der Aula erschienen ist, hielt ich vor Politikwissenschaftlern in Innsbruck einen Vortrag über Wilderer, die Helden der kleinen Leute. Als ich wieder in Wien war, schrieb man mir von Innsbruck aus, ich soll ihnen meinen Vortrag schriftlich schicken, sie würden ihn im so genannten „Michael Gaismair“- Kalender publizieren. Ich schickte ihnen gleich darauf die schriftliche Fassung meines Vortrages. Ich dachte, dies sei so in Ordnung.
Doch ich täuschte mich, denn Herr Dr. Gärntner schrieb mir, dass sie meinen Aufsatz doch nicht publizieren würden, da sie dahinter gekommen sind, dass ich auch in der Aula schreibe. Ich war sehr verärgert darob, denn, wenn ich einmal etwas in der Aula geschrieben habe, dann stets eine Arbeit, mit der ich klar machen wollte, wie wichtig es ist, andere Menschen zu respektieren. Ich schickte den Leuten in Innsbruck meine beiden Aufsätze über Margulies, den von der jüdischen Kulturzeitschrift und den gleichen von der Aula. Darauf schrieb mir Herr Gärtner, es sei unbedingt abzulehnen, in der Aula zu schreiben. Ich antwortete ihm, ich würde mir nicht vorschreiben lassen, wo ich meine Sachen veröffentliche. Mir ist in allen meinen Arbeiten der Respekt vor anderen Menschen wichtig, durchaus in der Tradition von 1848, als die damaligen rebellischen Studenten für Freiheit und Menschenwürde gegen die absoluten Herrscher und „Tyrannen“ sich eingesetzt und gekämpft haben. „Faschistische“ Ideologien o.ä. sind mir zutiefst zuwider.
Meine Entgegnung nützte nichts. Ich landete sogar, ebenso wie Professor Walter Simon, der als Jude während des Krieges in die USA geflüchtet war, auch er hatte die Kühnheit, in der Aula zu schreiben, im Handbuch für Rechtsextremismus. Ich war ob dieses Vorgehens gegen mich sehr betroffen. Besonders traf ich mich, als ich 1996 hörte, dass im österreichischen Parlament die damalige Staatssekretärin Gitti Ederer verkündet hatte, man müsse jene Professoren an der Universität kontrollieren oder maßregeln, die in der Aula schreiben. Frau Ederer nannte dabei ein paar Namen von Professoren, die in der Aula schreiben würden. Auch mein Name war darunter. Ederer fügte hinzu, dass ich und anderen Aula-Autoren zum „Dunstkreis des Rechtsextremismus“ gehören würden. Gegen solche ungerechten Angriffe hatte ich keine Chance, mich zu wehren.
Ein Kollege meiner Fakultät, mit dem ich zwei Klettertouren unternommen hatte und der sich mir gegenüber offensichtlich freundschaftlich verbunden fühlte, schrieb von sich aus, ohne dass ich ihn darum gebeten hätte, Gitti Ederer einen Brief, in dem er mich verteidigte und festhielt, ich würde nicht dem „Dunstkreis des Rechtsextremismus“ angehören. Ich wäre höchstens ein Burschenschaftsromantiker“ des Jahre 1848.
Dieser Kollege, ein ausgesprochen edler Herr, ist der heutige Bundespräsident Alexander van der Bellen. Ich danke ihm sehr für diesen Einsatz um mich.
Hier ist die Kopie seines Briefes, die er mir schickte:
Liebe Gitti !
Ich lese gerade den „Standard“ von heute
Seite 5.
Roland Girtler würde ich nicht taxfrei dem
„Dunstkreis des Rechtsextremismus“ zuordnen.
Ich habe schon viel mit Roland Girtler
Diskutiert, vor allem im Zusammenhang mit
dem so genannten Siegfriedskopf in der Eingangshalle
der Universität Wien; ich halte ihn, salopp
gesagt und etwas karikierend, eher für einen
„Burschenschaft – Romantiker des Jahres 1848“.
Herzliche Grüße !
Sascha
Auf der Rückseite der Kopie des Briefes schrieb Prof. Van der Bellen mir dies:
Brief an Gitti Ederer.
Lieber Roland, dies zu Deiner Information.
Ich hoffe, Du nimmst mir den „Romantiker“ nicht übel.
Sascha
Ich habe mich sehr über diesen Freundschaftsdienst Alexander Van der Bellens gefreut.
Der Himmel möge ihn belohnen für diese großmütige Tat.
Gitti Ederers Angriff gegen mich hatte auch bewirkt, dass gewisse Studenten, die offensichtlich Freude daran haben, andere Menschen durch Flugzettel zu demütigen oder zu beschuldigen, Flugzettel, gegen mich verteilt haben und mich im Sinne Gitti Eders als jemanden hinstellten, der zum „Dunstkreis des Rechtsextremismus“ gehört.
Das Verwerfliche an diesen Leuten ist, dass sie ihre Aktionen hinterhältig austragen und einer offenen Aussprache aus dem Weg gehen. Um mich zu wehren, verfasste ich auch einen Flugzettel und hing ihn an eine Wand in unserem Institut. Ich schrieb auf diesem, dass ich mich gegen jede Erniedrigung von Menschen wehre und daher auch nicht verstehe, als „rechtsextrem“ hingestellt zu werden. Ich fügte hinzu, dass ich mich beleidigt sehe und daher den Beleidiger zu einem zeitgemäßen Duell heraus fordere, nämlich zu einem Fahrradduell auf den Kahlenberg. Ich werde mich am Beginn der Höhenstraße in Klosterneuburg mit einem Sekundanten einfinden. Ich hoffe, dass dem Beleidiger die Fahrt in frischer Luft gut tun werde. Im Restaurant am Kahlenberg werde ich ihn zu einem Bier einladen und mit ihm über die Beleidigung sprechen.
Zu dem angegeben Zeitpunkt waren ich und mein Sekundant Justinus Pieper am Beginn der Höhenstraße. Ca 20 andere Radfahrer, die von dem Duell gehört haben, waren erschienen. Nicht erschienen war derjenige, der mich beleidigt hat. Nun radelte ich mit meinem Sekundanten und den mit dem Fahrrad Erschienen hinauf auf den Kahlenberg. Dort lud ich sie alle zu einem Bier ein. Zu diesem Fahrradduell erschien in der österreichischen Zeitung „Der Standard“ eine nette Glosse. Hier ist sie: